Freitag, 18. März 2011

Manzilla de los Mulas

Guten Abend Ihr Lieben,

viele Gruesse aus Manzilla de los Mulas. Morgen wandern wir weiter nach Leon und sind somit wieder in einer groesseren Stadt.
Die letzten Tage waren wir hier am Ende der Welt unterwegs. Hier gibt es jede Menge Geisterdoerfer in denen der Friedhof staerker besiedelt zu sein scheint als die Doerfer selbst. Das gestaltet sich manchmal etwas schwierig - vor allem wenn man etwas zu Essen kaufen will und die Laeden entweder kaum auffindbar sind oder kaum etwas verkaufen. Da ist jeder Tante-Emma-Laden ein Shopping-Paradies ;-)
Es gibt hier jede Menge eingefallene Lehm-Haeuser, die aber auf Ihre Art auch wieder einen ganz eigenen netten Charme verspruehen. Und so wie ihr mich kennt, wisst ihr, dass ich in Gedanken immer ueberlege wie man die wohl renovieren und aufpeppen koennte ;-)

Ihr wollt bestimmt Fotos sehen - aber damit werdet Ihr euch vermutlich noch gedulden muessen, bis ich wieder nach Hause komme. Die technischen Moeglichkeiten sind hier immer recht bescheiden. Aber die Fotos sind super - es lohnt sich zu warten ;-)

Die letzten 12 Tage bin ich insgesamt 267 Kilometer weit gelaufen. Sind im Schnitt so 22 km am Tag - ich liege also gut in der Zeit und wenn alles gut so weiterlaeuft, werde ich es noch nach Finisterre schaffen.

Am vergangenen Samstag bin ich zum ersten Mal in meinem Leben ueber 30 Kilometer gelaufen (32.4 km). Ist ja nicht so, dass ich mich darum freiwillig reissen wuerde. Aber was will man machen, wenn man 20 Kilometer gelaufen ist und dann die Herberge zu hat und man zur naechsten muss. Das war richtig hart.... Aber dank guter Reisebegleitung hatten wir trotzdem unseren Spass. Wir koennen alle drei nicht singen, fingen aber sogar schon an eigene Lieder zu texten (aus Mangel an Texten die wir kennen ;-)).
Abends in der kalten Herberge mit kaltem Wasser (brrrrr....) hab ich mich gefreut wie eine Schneekoenigin. War total stolz auf mich und supergluecklich soweit gelaufen zu sein.

Am vergangenen Sonntag waren wir in einer Bar in Castrojeriz. Der Wirt war superstolz auf den Gaestebucheintrag den Hape Kerkeling im Juni 2001 hinterlassen hat - hat er uns dann gleich gezeigt.
Unser Motto hier: Der Weg ist das Ziel.
Heute stand treffend an einer Wand in einer Bar: "Die Bar ist das Ziel" - ja das koennte auch unser Motto sein. Wir kommen fast an keiner Bar vorbei ohne Kaffee, heisse Schokolade oder Tortilla zu bestellen. Die Preise sind wirklich human und recht guenstig. Tortilla+Schokolade kosten ungefaehr 2,50 Euro und eine Uebernachtung etwa 5 Euro.

Die Uebernachtungsmoeglichkeiten sind recht unterschiedlich. Von schicker supermoderner Herberge, ueber kleine familiaere Herbergen bis hin zu ganz kalten, dreckigen und gruslig feuchten und schimmligen alten Gebaeuden. Es ist alles dabei - immer wieder ein Abenteuer. Gestern Abend waren wir zum ersten Mal in einer Herberge mit Schwedenofen. War das schoen, als das Feuer endlich brannte und es nach und nach gemuetlich warm wurde.

Heute war ein ganz harter Tag. Von heute Morgen weg taten mir die Fuesse hoellisch weh. Und als nach 18.5 Kilometern endlich endlich die erste Bar kam und die dann auch noch richtig gemuetlich und nett war, war ich mehr als gluecklich. Ich glaube nach meiner Rueckkehr nach Deutschland muss ich erst wieder "re-integriert" werden. Hier auf dem Jakobsweg ist es normal, dass man die Socken und Schuhe auszieht, am Tisch die Blasen versorgt etc. ;-))
Irgendwie ganz normal hier.

Ja, es gibt Tage da "laueft" es super und an anderen zieht man schon Morgens die Beine hinter sich her. Aber im Grossen und Ganzen kann ich mich nicht beschweren. Ich habe keinen Muskelkater mehr und keine Gelenksprobleme. Ausserdem nur eine einzige fast verheilte Blase. Nur die Fuesse brennen manchmal.

Die letzten Tage sind wir hier in der spanischen Meseta unterwegs. Die Wege sind recht eintoenig und es ist ziemlich flach hier. Nach Leon soll es aber bald wieder etwas aufregender werden.

Schoen ist, dass die Pilger immer wieder Nachrichten fuereinandern hinterlassen. Zum Beispiel Herzen aus Stein am Wegesrand oder Schriftzuege wie "You´ll never walk alone". Vor zwei Tagen haben wir in der Kueche aus den Buchstaben der Buchstabensuppe Nachrichten geschrieben: "Guten Weg", "Buen Camino" und mehr in verschiedenen Sprachen.

In der Kueche herschte ganz besonderes Flair. Eine kleine ganz einfache Kueche - staendig ging die Tuere auf und zu, immer wieder kam jemand neues rein und es wurden mindestens sechs Sprachen (englisch, deutsch, russisch, spanisch, franzoesisch und italienisch) gesprochen. Und es roch himmlisch nach angebratenen Zwiebeln, Pasta und Tomatensauce.

Die meiste Zeit bin ich mit Birte und Manuel unterwegs. Wir haben in etwa das gleiche Lauftempo und haben es sehr lustig zusammen. Unterwegs treffen wir aber immer wieder auf andere Leute - aus der Slowakei, Polen, Schweiz, Deutschland, England, Russland, Spanien, Italien etc... es bleibt spannend. Wir sitzen zusammen, unterhalten uns, kochen zusammen und haben es lustig.

Mit wie wenig man zufrieden und gluecklich sein kann....
Hier freue ich mich Abends auf Essen und Bett, bin angenehm erschoepft, schlafe tiefer, bin begeistert von den Eindruecken des Tages, geniesse die internationale Geselligkeit, wir teilen - egal ob Essen, Verbandmaterial oder Getraenke, freue mich ueber eine warme Dusche (vor allem wenn die letzte kalt war). Meine Wanderhose wird von Tag zu Tag schmutziger, Styling und luftiges Haar sind hier Fremdwoerter. Ich fuehle mich wohl mit meiner kuschligen Muetze auf dem Kopf, die Kleider sind einfach und bequem, das Essen ist einfach - aber abwechslungsreich.
Es ist schoen hier.

In der Bar heute stand ganz nett und treffend an der Wand:
" My backpack is heavy,
my feet are blistered
and my heart is light."

Bis zum naechsten Mal,
liebe Gruesse
Simone

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