Montag, 14. April 2008

Besuch aus Ulm

Hallo, ich bin Simones Freundin Nicki aus Ulm. Als ich Simone am 07.11.07 zum Flughafen gebracht habe, hat Simone zu mir gesagt „Dann besuch mich halt mal in Australien“ Zuerst dachte ich so „Oh nee, so ne lange Reise. Aber warum eigentlich nicht?“ Und hier bin ich. Ich bin jetzt die naechsten 2 Wochen mit Simone unterwegs und darf Reisetagebuch schreiben.



Okay, wir haben das Jahr 2008. Wie kann es sein, dass es im 21. Jahrhundert so kompliziert ist von Deutschland nach Australien zu reisen? Nach 34 Stunden (mit Zwischenlandungen und Wartezeit) komme ich endlich, endlich in Cairns (der Australier sagt Caeaens) an. Und meine Reisetasche ist auch da, jetzt kann mich nichts mehr aufhalten (wo ist Simouni), bis auf – den komischen Zollbeamten der mich fragt ob das meine Tasche ist (yes) und ob ich die selber gepackt habe (yes), ob ich ganz sicher bin dass ich sie selber gepackt habe (yes), na dann kommen Sie mal mit. PANIK – hat mir etwa unterwegs jemand Drogen in die Reisetasche gepackt? Schuld waren dann meine illegalen Haribo-Gummibaerchen, die ich mitgebracht habe. Man darf naemlich kein Essen nach Australien einfuehren. Aber Simone hat Recht, die australischen Behoerden sind wirklich viel netter als bei uns. Nach ein paar Minuten darf ich (mit meiner illegalen Ware) wieder gehen. Jetzt muss ich nur noch Simone finden – ist das etwa die wunderschoene, blonde, braunhaeutige Frau dort vorne? Koennt ihr euch unsere Simone braungebrannt vorstellen?! Gut sieht sie aus!! Gesund und froh und strahlend. Boris scheint gut auf sie aufgepasst zu haben. Dann raus aus dem Flughafen und – 30 Grad, Sommer - Sonne - Sonnenschein. Ich bin mit meiner langen Jeans und Strickweste noch ganz falsch gekleidet. „Boah ist des schoen, hier ist ja voll Sommer“ Antwort von Simone und Boris, zweistimmig und australisch-laessig: „Nee, wir haben Herbst. Ist fast noch zu warm heute“



Und deshalb geht’s auch erstmal zum baden. Im Meer baden kann man hier erst im Winter weil es im Moment noch ziemlich viele jelly fishes (Quallen) hat. Es tut wohl ziemlich weh wenn man von diesen Quallen beruehrt wird und man muss die Wunde gleich verarzten.


(Anmerkung von Simone: Zwei verrueckte schiesswuetige am Strand... das war mir schon fast unheimlich!)

Deshalb badet man hier im Sommer und im Herbst in Fluessen und billabongs (Wasserloechern). Wir fahren zur Mossman Gorge. Wunderschoenes gruenes klares Wasser. Nein, hier gibt es keine Krokodile, nirgends ist ein Warnschild zu sehen (die gibt es hier viel). Mir ist noch gar nicht nach schwimmen. Schliesslich hat es vor ein paar Stunden noch geschneit als wir zum Flughafen gefahren sind. Und jetzt soll ich baden? Nein, ich schaue lieber zu. Danach geht’s nach Port Douglas, wo wir uns eine Uebernachtungsmoeglichkeit suchen. Es ist ziemlich ungewohnt fuer mich dass hier auf der linken Strassenseite gefahren wird. Ich erwische mich immer wieder dabei wie ich Panik kriege weil Boris auf der „falschen“ Seite faehrt. In einem suessen kleinen Campingplatz mieten wir ein kleines Blechhuettchen mit Kuechenzeile („Oh, endlich koennen wir mal wieder in einer eigenen kleinen Kueche kochen“ Simone ist ganz begeistert) Als es langsam ruhig und Abend wird werden die Voegel laut, ganz andere Geraeusche als bei uns zu Hause – wunderschoen.



Am naechsten Tag geht es erstmal an den Strand. Tuerkisblaues Wasser, schoener heller Sand. Fuer mich, ich kenne bisher nur die europaeischen Straende, ist dieser Strand traumhaft schoen. „Na ja, da hab ich schon schoenere gesehen“, Simone ist nicht beeindruckt. Im Meer gibt es eine viereckige Begrenzung. Ich erfahre, dass man nur innerhalb dieser Begrenzung ins Wasser darf – Krokodil- und jelly fish-Gefahr. Okay, ich gehe freiwillig nicht ins Wasser.



Cairns ist ein Ort, wo der Regenwald auf das Meer trifft. Ich kann mich nicht satt sehen am raining forest, wo zwischen Laubbaeumen Palmen wachsen und dann wieder Buesche und Straeucher. Ich bin ganz begeistert. Auf unserem Weg nach Cape Tribulation halten wir noch an einem anderen Strand an. Dieser liegt ganz versteckt hinter Regenwald. Hier sehe ich mein erstes Warnschild, auf dem vor stingers (Quallen) gewarnt wird. Neben dem Schild auf einer Halterung eine Plastikflasche mit Essig. Wenn man von einer Qualle beruehrt wird soll man die Wunde unverzueglich mit Essig behandeln und einen Arzt aufsuchen. Unheimlich. Ueberall am ganzen Strand sieht man die kleinen Sandkuegelchen, die die Krebse machen, wenn Sie ihre Hoehlen bauen. Waehrend wir am fotografieren sind halte ich heimlich Ausschau nach verdaechtigen Haiflossen im Meer.



Mit einer Faehre fahren wir rueber zum Cape Tribulation. Simone wird gleich wieder schlecht, sie hat sich noch nicht von der Bootstour am Dienstag erholt. Auf der anderen Seite tiefster Regenwald. Unser Nachtlager fuer diese Nacht ist ein abenteuerliches Safari-Tent, ein kleines Mini-Zelt mit kuschligen Betten – sonst nichts. Boris bringt vom Strand noch zwei Kokosnuesse mit. Die liegen hier einfach unter den Palmen. Begeistert schaue ich ihm dabei zu wie er sie mit einem Hammer aufmacht. Wieviel kostet eine Kokosnuss bei uns zu Hause? Hier finden wir uebrigens auch eine meiner Lieblingspflanzen – eine Pflanze mit riesengrossen Blaettern – so gross, dass ich mir ueberlege ob ich nicht ein Blatt als Kleid anziehen kann.



Der Campingplatzmanager ist Simone und mir unheimlich. Entweder steht der total unter Drogen (vermutet Simone) – so aufgedreht wie der ist oder hier draussen in der Einsamkeit, ohne Handyempfang und ohne Internet muss man irgendwann ueberschnappen.

Eben dieser Durchgeknallte empfiehlt uns eine schoene Wasserstelle zum baden. Als wir am Fluss ankommen – ein grosses Warnschild „crocodiles“. Boris beruhigt uns, wir muessen ja noch ein Stueckchen gehen - durch den Regenwald. Auf meine Frage ob es hier Schlangen und Spinnen und andere Viecher gibt meint Simone australisch-laessig: Die gibt es hier schon. Aber normalerweise hauen die schon ab wenn ein Mensch kommt. Ich soll moeglichst laut auftreten dann hauen die von selbst ab. Was aber durch lautes auftreten nicht abhaut sind die fiesen Aeste mit den Dornen dran die hier ueberall runterhaengen. Aua. Wenig spaeter stehen wir etwas ratlos am Fluss. Erfrischendes klares, gruenes (unheimliches) Wasser. Es sind noch zwei Besucher da, aber die sehen nicht nass aus. Waren also auch noch nicht im Wasser. Wir suchen die Uferboeschung und die tieferen Stellen im Wasser ab. Hat sich da irgendwo ein Krokodil versteckt? Das ist der gleiche Fluss an dem vorhin das Krokodil-Warnschild gestanden hat, nur ein Stueck weiter vorne. Da kommen noch zwei Besucher, zwei Deutsche. Der Junge springt von einem Felsen in den Fluss, genau dahin wo ich vorhin ein Krokodil vermutet habe. Als auch nach ein paar Minuten nichts passiert, der Junge klettert immer noch putzmunter auf den Felsen und springt noch mal und noch mal rein, wissen wir – hier hats im Moment keine Krokodile, sonst haette es den Jungen schon erwischt. Okay, wir koennen rein.



Hier wachsen ganz tolle gelbe flauschige buschige Blumen. Boris schenkt Simone eine davon, aber wenig spaeter isst er sie auf weil der Nektar anscheinend so gut schmeckt. Simone hat dafuer natuerlich vollstes Verstaendnis. Hm, ich wuerde sagen da war jemand wohl schon ein bisschen zu lange im Outback?!





On the road again – am naechsten Tag verlassen wir Cape Tribulation und machen uns laaangsam auf den Weg zurueck Richtung Cairns. Der vorletzte Tag von Boris Australienreise ist angebrochen. Wir fahren an riesigen Felder mit Zuckerrohr vorbei, Bananenbaeumen. Ich habe mir Australien viel ausgetrockneter vorgestellt und keinesfalls so gruen. Simone erklaert mir, dass ich mir einen guten Reisezeitpunkt ausgesucht habe. Die Regenzeit ist gerade vorbei, deshalb ist alles so gruen. An diesem Abend machen wir Halt in Mossman. Hier mieten wir ein Zimmer, das genauso aussieht wie in den amerikanischen Filmen. Alles in weiss und hellblau getuencht, ein bisschen schmuddelig, alles sieht aus wie aus Pappe gebaut und wirkt nicht sehr stabil. Die Eingangstuer duerfte sich eigentlich gar nicht so nennen. Abends machen wir eine (fuer mich aufregende) Entdeckung. Ueberall an den Waenden flitzen kleine Geckos entlang. Simone liebt diese kleinen Viecher, die sind aber auch suess.



Am naechsten Tag fahren wir bei Pecorino´s Coffee Shop vorbei. Das ist das Cafe das Nicoles (= Simones Cousine aus Australien) Vater gehoert. Marcus ist ein lustiger, gemuetlicher Mann. Aber waehrend Simone und er sich unterhalten wird mir noch einmal klar, dass sich das Englisch das wir in der Schule lernen erheblich von dem unterscheidet wie es die Australier sprechen. Ich bewundere Simone sehr, sie plaudert froehlich mit Marcus und hat schon diesen coolen australischen Slang drauf. Als Marcus weg ist sage ich ihr ganz ungluecklich dass ich kaum was verstanden habe. Simone sagt daraufhin: „Ich habe auch nicht alles verstanden. Aber ich habe mir anhand dessen, was ich verstanden habe, den Rest zusammengereimt.“

Den ganzen Tag ueber liegt schon die Aufbruchstimmung in der Luft. Boris und Simone sind beide angespannt und besprechen die letzten Einzelheiten. Immerhin waren die beiden jetzt 5 Monate zusammen unterwegs. Boris moechte noch einmal zum Mossman Gorge zum baden gehen. Auf dem Weg zum Flughafen halten wir an einem Parkplatz an und Boris erklaert Simone noch einmal ausfuehrlich den Bus - Gasflasche, Schnellstart, Oelstand pruefen, Reifenwechsel. Simone steht mit gezuecktem Kugelschreiber und Notizbuechlein daneben und knippst zwischendrin noch Fotos mit der Digicam. Manchmal sagen Bilder einfach mehr als tausend Worte, Boris, das musst du doch verstehen, da brauchst du gar nicht zu lachen.



Und dann sind wir am Flughafen in Cairns, wo ich am Mittwoch angekommen bin. Simone und Boris sind beide sehr traurig. Die Beamtin am Flughafen hat so Mitleid mit den beiden, dass Simone sogar mit durch die 1. Passkontrolle gehen darf. Boris steigt aber erst in den Flieger, als er namentlich ueber Lautsprecher ausgerufen wird. Boris, es war schoen dich kennen zu lernen und danke, dass du so gut auf unsere Simone aufgepasst hast.

Fuer alle die es nicht wissen: Boris ist nach Melbourne geflogen wo er drei Tage verbringt bevor seine naechsten Fluege ihn nach Singapur und Bankok fuehren. In Asien wird er dann erst einmal einige Monate unterwegs sein. Wir wuenschen ihm eine ganz spannende und schoene Reise. Alles Gute auf deinem Weg!

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